Bewertung 4/6 Pommesgabeln
Genre Elektro-Rock, Dark-Rock
Label Trisol Music Group (Soulfood)
Releasedatum 2. August 2013
Links

ASP - Maskenhaft

12. September 2013, 21:11 - asp, review, trisol - geposted von MaKoMania

Wir schreiben das Jahr 2013. ASP spielten vor kurzem auf dem Wacken Open Air auf der "Black Stage" vor einer riesigen Menschenschar eine - zugegebenermaßen - mäßige Show und veröffentlichten ein neues Album. Ich halte einen Moment inne, richte mich etwas in meinem Bürostuhl auf und versuche mich zu erinnern. Ist es wirklich schon 8 Jahre her, seitdem ich diese Band zum ersten Mal im Vorbeigehen auf dem Bochum Total hörte und ich mich nicht mehr rühren konnte? Wie angewurzelt stand ich dort und musste feststellen, dass meine damaligen Begleiter ebenfalls stehenblieben. Aber nicht nur uns erwischte diese Schockstarre: Erstaunt stellten wir fest, dass Junge und Alte, Punker und Popper stehen blieben, eine riesige Traube vor der Bühne bildeten und den Melodien des Albums "Aus der Tiefe" lauschten. Vor einer "schwarzen" Alternative-Stage? Ich war fassungslos und auch gleichzeitig sehr positiv berührt in meinem Inneren. Wunderbare Lyrics paarten sich mit eingängigen und doch verspielten Riffs. Die ganze Musik legte sich in einen elektronisch angehauchten, musikalischen Mantel und verband sich zu einem Gemisch, welches kaum ansprechender sein könnte. Nicht zu hart, nicht zu weich. Kompliziert und doch irgendwie einfach. Ich seufze und finde mich wieder zurück in der Gegenwart. Nichtsdestotrotz: ein leichtes Lächeln umspielt meine Lippen, wenn ich an diese Momente zurückdenke.
Ja, ich gebe es zu: ich bin ein großer Fan dieser Band. Und wenn ich großer Fan sage, dann meine ich damit, dass ich das Logo dieser Band tatsächlich als Tattoo auf meinem Körper trage. Diese Art von Fan halt.
Diese Band hat mich auf einer Art in meiner Seele berührt und dauerhaft verändert. Eine Art One-Way-Ticket, die meine persönliche Entwicklung als Musiker und Songschreiber nachhaltig beeinflusste und mich dementsprechend formte. An dieser Stelle verneige ich mich tief vor dieser Band und möchte ihnen meinen Dank dafür aussprechen. Ohne euch wäre ich sicher nicht der Mensch, welcher ich heute bin.
So, genug zu meiner persönlichen Vorgeschichte zu dieser Band - zurück zu den harten Tatsachen und Fakten. Zu der Band selbst muss sicher nichts mehr erläutert werden. Wer dennoch bisher noch nie von dieser Band gehört haben sollte, den gebe ich zwei Dinge auf den Weg: Erstens, wo zum Teufel hast du in den letzten 14 Jahren gelebt? Hinter dem Mond? Zweitens, rechts oben sind die Links zur offiziellen Homepage der Band und dem dazugehörigen Youtube-Channel.
Wenn du diese Dinge aufgearbeitet hast (sozusagen als Hausaufgabe, höhö), darfst du gerne zurückkommen und dir dieses Review erneut durchlesen.
Fertig? Wenn ja: Willkommen zurück.
Das neue Album "Maskenhaft" ist nun das achte Studioalbum welches an den vorangegangenen "Fremder"-Zyklus anschließt und fortführt (Album "Fremd" aus dem Jahr 2011). Das Thema des Zyklus ist, wie der Titel bereits verrät, vor allem das Fremd-fühlen in sich und in der Welt. Wer sich also nach einer "leichten Kost für zwischendurch" sucht ist an dieser Stelle definitiv falsch, denn die Lyrics sind sehr, sehr tief und ebenso anspruchsvoll, so wie man es von der Band zuvor auch schon gewohnt war/ist. Lehnen wir uns also erneut zurück, schließen die Augen und tauchen erneut in eine fremde Welt ein...


Review:

Augenaufschlag - Atmosphärisch düster erklingen die ersten Töne und erinnern mich sofort an das "Krabat"-Album. Rhythmisch erklingen im Hintergrund Trommeln und wiegen mich in einen hypnotischen Bann, unfähig mich von diesem zu lösen. Es ist kein sehr schnelles Lied, keine elektronisch verstärkten Power-Riffs, ziemlich seicht aber es zieht mich dennoch wieder in diesen typischen ASP-Modus. Ein Zustand, welcher sich am ehesten wie ein leichtes Schweben beschreiben könnte. Man fühlt sich, wie soeben aus einem tiefen Schlaf erwacht.

Die Kreatur mit der stählernen Maske - Blues Brothers lassen grüßen - jedenfalls erinnert mich das Intro sehr an die Titelmelodie und lässt mich gespannt auf die Lyrics warten, welche dann kurz darauf einsetzen. Eine angenehme Song-Struktur, welche sich im Mid-Tempo Bereich bewegt. Bewusst nicht zu viel Geschwindigkeit, damit die Lyrics besser wirken können. Alles in allem hat der Song ein großes Ohrwurm-Potential, wobei er mit 7:24 Minuten auch der längste Song der Platte ist.

Aufbruchstimmung - Passend zum Titel wird hier zum ersten Mal etwas Gas gegeben, der Kopf wippt sofort mit und der Fuß bedient in Gedanken die Fußmaschine des Schlagzeugs. Ein sehr positiver Song, der auf eine unerklärliche Weise in mir eine gute Stimmung erzeugt. Man möchte irgendetwas tun, sich bewegen. Ein Haus bauen, einen Baum pflanzen oder sonst irgendwie die Welt verändern. Alles im allen sehr stimmig und angenehm. Man hört irgendwo im Hintergrund einen schwarzen Schmetterling mit seinen Flügeln kaum wahrnehmbar schlagen.

Wanderer - Wer nun vom vorangegangenen Lied motiviert wurde, sich in die weite Welt aufzumachen (oder zumindest kurz um die Ecke Zigaretten holen geht), dem wird dieser Song als Hintergrund-Melodie ans Herz gelegt. Man fängt unbewusst dabei an, an viele Dinge in seinem Leben zu denken. Menschen oder Dinge, die gekommen und auch wieder gegangen sind. Fehler die man begangen hat oder auch die schönen Dinge, die man erlebt hat. Und am Ende steht man nun wieder im Hier und Jetzt. Irgendwie möchte ich an dieser Stelle weitergehen. Nicht stehenbleiben und einfach immer weitergehen.

Schneefall in der Hölle - Unbewusst muss ich bei diesem Titel lächeln und es begrüßt mich ein schönes Keyboard-Intro. Man wird besinnlicher (Jo mei‘, is denn scho‘ wieder Weihnacht‘n?) und kommt innerlich etwas zur Ruhe. Ich schließe meine Augen, lasse mich etwas gedanklich fallen und der Song wirkt wie eine wärmende Decke. Zum Ende des Songs finde ich mich gute 20 Zentimeter tiefer in meinem Bürostuhl wieder.

Die Löcher in der Menge - Hier erinnert man sich sofort wieder an den "Schwarzer Schmetterling"-Zyklus, obwohl es sich etwas anders anfühlt. Schnörkellos dargebrachte Strophen, welche in einen harmonischen Refrain münden. Die Lyrics sind - wie immer - herausragend, aber dennoch verbleibt in mir das Gefühl, dass der Song mehr Potential gehabt hätte. Schade, denn bis jetzt fehlt mir immer noch so der richtige Diskokracher. Ein Song, bei dem man einfach mitgehen muss, wie z.B. bei dem Song "Ich will brennen".

Reflexionen - Yes, ein Drum-Intro. Akustik-Klampfe und Lagerfeuer lassen grüßen. Auch hier wird wieder das Konzept aus "Die Löcher in der Menge" übernommen: angenehme Strophe, harmonischer Refrain. Hier gesellt sich allerdings eine tolle Solo-Gitarre noch hinzu und lässt an vergangene Tage der Band denken. Allerdings ist hier auch wieder kein großer Wurf gelungen. Der Song ist gut, keine Frage - dennoch: es hätte hier viel mehr herausgeholt werden können.

Das Märchen vom Wildfang-Windfang (Schlüpftanz) - Ich strapaziere ungern erneut den Vergleich, aber hier finde ich mich sofort auf das erste Album der Band ("Hast du mich vermisst") zurückversetzt. Roh, hart, elektronisch. Der Gesang wirkt kantiger, will anecken und wieder deutlich präsenter im Vergleich zu den Instrumenten sein. Ein verstärktes Kopfnicken setzt wieder ein. Endlich der erwartete Song, der aus dem Album heraussticht, obwohl er auch ohne die etwas ruhigeren Parts ausgekommen wäre. Mein persönlicher Lieblingssong von diesem Album.

Panzerhaus - Elektronisch geht es weiter und anklagende Lyrics erheben sich schnell in die Boxen. Hier wird mal wieder eine generelle und schonungslose Analyse unserer Gesellschaft uns vor die Augen geführt. Roh erklingen die Lyrics und der Song präsentiert sich, nun ja, komprimiert wie in einem Panzer. Kein Highlight, aber dennoch wieder ein guter Song.

Per aspera ad aspera - Mein Latinum liegt zwar schon etwas zurück, aber ich würde es neuzeitlich übersetzen zu: Aus dem Regen in die Traufe ("Über Widerwärtigkeiten zu Widerwärtigkeiten" - korrigiert mich bitte, sollte ich hier komplett daneben liegen. Danke). Ein sehr starker Refrain überzeugt mich, den Song in meine persönliche Playlist aufzunehmen. Bitte hier unbedingt auf die Lyrics achten, denn man findet sich garantiert selbst darin - zumindest in der einen oder anderen Form - wieder.

Die Klippe - Teil 1: Stimmen im Nebel - Hier wird nochmal so richtig die Gedankenmaschine angeschmissen, denn es erheben sich auf ASPs Worte Stimmen die durchaus aus dem Nebel zu einem sprechen könnten. Ein langes Instrumental-Intro und Outro bereitet die entsprechende Atmosphäre und leitet nahtlos über zu Teil 2.

Die Klippe - Teil 2: Hang - Der musikalische Höhepunkt des Albums. Eine Geige leitet das Lied ein, das den Hörer mit einigen Wechseln im Tempo und den Harmonien auf das unausweichliche Ende des Albums hinführt. Ab und an wird auch wieder etwas an der Stellschraube der Härte gedreht, was zusammenfassend durchaus sehr gut gelingt. Dennoch kommt das Ende ein wenig überraschend, als wäre der Fall trotz allem unausweichlich... wir halten den Atem an.


Tracks:

  1. Augenaufschlag [4:22]
  2. Die Kreatur mit der stählernen Maske [7:25]
  3. Aufbruchstimmung [4:24]
  4. Wanderer [5:47]
  5. Schneefall in der Hölle [6:47]
  6. Die Löcher in der Menge [5:46]
  7. Reflexionen [6:45]
  8. Das Märchen vom Wildfang-Windfang (Schlüpftanz) [5:28]
  9. Panzerhaus [4:26]
  10. Per aspera ad aspera [6:22]
  11. Die Klippe - Teil 1: Stimmen im Nebel [2:47]
  12. Die Klippe - Teil 2: Hang [5:31]

Gesamtspielzeit: 65 Minuten, 48 Sekunden


Line-Up:

  • Alexander "Asp" Frank Spreng (Gesang, Programming)
  • Lutz Demmler (Gitarre, Keyboard, E-Bass, Mandoline)
  • Sören Jordan (Lead-Gitarre)
  • Andreas "Tossi" Gross (E-Bass)
  • Stefan Günther (Live-Schlagzeug)

Fazit:

Was am Ende bleibt, ist nur die Ewigkeit. Ob dies auch für dieses Album gelten mag, bleibt abzuwarten, da es leider leider nicht das herausragende Album geworden ist, wie ich es mir erhofft hatte. Es ist, vom offensichtlichen Fehlen herausragender Stücke mal abgesehen, ein durchaus gelungenes Album, aber es gehört leider nicht zu der Sorte, die man tagelang in Dauerrotation in seinem CD Player belässt, um sich Dieses immer und immer wieder zu Gemüte zu führen. Der "Fremd"-Zyklus hat mich leider auch im vorangegangenen Album nicht überzeugt und tut es auch hier nicht. Ich hoffe sehr, dass er es dennoch im nächsten Teil schaffen wird. Bis dahin verbleibe ich mit gemischten Gefühlen und daher

gibt es auf jeden Fall 4 von 6 Pommesgabeln!