Bewertung | 4.5/6 Pommesgabeln |
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Genre | Death Metal/Deathcore |
Label | Noizgate |
Releasedatum | 13. Dezember 2013 |
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Docs Briefkasten: Placenta - Missgunst und Neid
17. November 2013, 14:05 - review, noizgate-records, placenta - geposted von DocDesastroHallo, liebe Schergen. Es ist wieder mal Zeit, dass Doc in seinen Briefkasten schaut und siehe da, da liegt tatsächlich was. Die Deutsche Death Metal Band Placenta schickte mir den neuen Tonträger Missgunst und Neid. Schauen wir mal aufs Cover: Den Titel in eine Tischplatte geritzt, ein Messer steckt in einem Polaroid-Foto und ein Haufen leergerauchte Kippen sowie Schnaps im Kerzenschein. Sieht ja schon sehr aussagekräftig aus. Wie der Arbeitsplatz des Misanthropen von nebenan. Zur Band selber habe ich folgendes herausgefunden: Sie wurde 2000 in Berlin gegründet und nach 3 Demoscheiben landete die Band 2009 bei Noizgate Records, wo sie bis heute 5 Tonträger (eine EP) produzierten. Der Stil der Band wird von ihnen selber als "Honic Melonic Death Metal" bezeichnet. Naja, noch eine Bezeichnung, die die Welt nicht braucht. Weder witzig, noch was soll man sich darunter vorstellen? Also nach dem ersten Probelauf würde ich sagen, irgendwo zwischen Death Metal und Deathcore, wobei bei mir bei allem, wo Core draufsteht, sich erst mal die Nackenhaare sträuben. Ich bin kein Freund von "höher, schneller, brutaler", sondern bevorzuge sauber produzierte Musik mit eingehender Melodie und klarem Gesang. Mal sehen, was die also zu bieten haben.
Mehr Infos über die Band könnt ihr beim Label finden und auf YouTube könnt ihr einen der neuen Songs bereits hören:
Review:
Also mal angeschaltet und reingehört. Schlafe Los heißt der erste Track. Das Intro des Songs ist mit einer Minute ein wenig lang geraten, aber zumindest kann man eine schön düstere Melodie vernehmen, die sich mit schweren Riffs durch das Weltgeschehen schleppt. Der Gesang setzt dann ein und das Ganze beschleunigt etwas. Gut, wenn man "Aaaaaaaaargh!" als Gesang bezeichnen will. Aber sofort danach setzt gut vernehmbarer, richtiger Gesang ein. Nicht clean, aber wohl strukturiert und der Text ist leicht zu verstehen. Schon mal ein Pluspunkt in meinem Buch. Und - welche Überraschung, Drummer und Sänger schaffen gemeinsam Passagen mit sehr angenehmen cleanem Gesang. Also nach dem ersten Song würde ich sagen, gut, hören wir mal weiter. Noch bluten meine Ohren nicht und ich ertappe mich bisweilen beim mitwippen zur Musik.
Weiter geht es also mit Wunderschön und Wild. Ein Zug fährt ratternd vorbei, die Musik setzt ein, bleischwer und schleppend geht es weiter. Sehr schöne Tempowechsel im Beat. Der Gesang kommt hier wieder klar und deutlich heraus. Der Song besingt einen Musikus, der in den Zügen der (Berliner) Verkehrsbetriebe umherstreicht und diese mit Klassikern aus dem Rock'n'Roll beschallt und dafür nur noch das Unverständnis der modernen Gesellschaft erntet. Ansprechend produzierter Song.
Machen wir weiter mit Track 3; Baroness heißt er. Musikalisch reiht er sich stilistisch in die beiden bisher gehörten Tracks nahtlos ein. Der Gesang wechselt wieder zwischen zart und hart, nur aus dem Text werde ich nicht schlau. Am ehesten würde ich sagen, hier geht es darum, wie die durch Medien verdummte Gesellschaft sich eigentlich nur oberflächlich für andere Menschen interessiert und diese eigentlich nur als Lieferant für Voyeurismus und Gerüchte wichtig sind. Sehr dystopisch, wenn ihr mich fragt.
Der Song selber hat mir gefallen.
Sretan Put ist der Name des nächsten Tracks. Dieser kommt schon treibender und mit einer höheren BpM-Zahl daher. In Kroatisch heißt es hier "Gute Reise". Wenn man die Texte der Band betrachtet, dann kommt man nicht drumrum anzuerkennen, dass sich der Autor der Texte im lyrischen Bereich einiges an Gedanken gemacht hat. Ich rate Euch, das Booklet mal genau unter die Lupe zu nehmen und die Texte zu genießen. Es geht um Rastlosigkeit und diese Stimmung schaffen die staccatoartigen Drums, die uns wieder und wieder verscheuchen, wenn wir glaubten, uns mal wieder im Lied "setzen" zu können.
Mit Nur die Besten präsentiert die Band einen gelungenen Seitenhieb gegen unsere moderne Welt, die Menschen im ewigen Leistungsdruck ausbrennt. Wir konsumieren das Leben, aber können es nicht genießen, Werte sind verdreht und das Oberflächliche dominiert. Die Welt leuchtet im schalen Glanze. Damit treffen sie bei mir genau einen Nerv. Der Song klagt an und ist ein gesungenes Burn-out-Syndrom. Der Refrain macht es deutlich. Hier schreit man förmlich nach Erlösung aus der Tretmühle. Hier wurde eine Idee gut und angemessen musikalisch umgesetzt! Nur die Besten... ja nur die Besten was eigentlich? Früher starben sie jung oder tranken aus. Aber jetzt? Ohne Sinn und Ziel. Höher, schneller und weiter. In meinen Augen ein echtes Highlight auf der Scheibe.
Jure Joskan ist der nächste Track und erscheint in meinen Augen als Song, der in einer Metal-Disco (brr...irgendwie ein Unwort) sogar als tanzbar erscheint. Lyrisch geht es hier um die Maßlosigkeit der Menschheit und der Rechnung, die schließlich serviert wird.
Mit Collage a Trois geht es nun weiter. Nein es wird hier kein flotter Dreier besungen, das wäre ja eine Menage. Also was meinen sie nun damit? Das Liederheft schweigt sich aus. Bestenfalls Ambient, was man da hört. Kein Gesang, keine erkennbare Melodie nur irgendwie verzerrtes Geheule, das ich mit dem Titel leider nicht in Einklang bringen kann. Alleine betrachtet macht dieser Track keinen Sinn. Er schließt aber nahtlos an den nächsten Track an, daher sehe ich ihn mal als eine Art Intro. Sonst ohne Wert, finde ich.
Ein Riese kommt nun. Sehr ominös, was die da singen. Katastrophe, Schrecken, Anarchie und...Facebook. Sehr seltsame Mischung aber am Ende löst sich alles auf. Der Wecker geht und Maik wird wach. Nur ein Traum. Aber wovon? Ich bin verwirrt. Musikalisch war im Song alles im grünen Bereich.
Tanzt, so werden wir aufgefordert. Naja, wenn ich mir das Staccato der Drums so anhöre, dann würde ich fast glauben, dass man uns teilweise dahintreiben lässt und dann ab und zu mit einem MG zwischen die Beine ballert und "Tanzt!" ruft. Schöne Speedwechsel in diesem Song.
Den Abschluss macht der Song Schwarze Tauben Steigen. Zum Schluss wird es noch mal schwer und schleppend. Düster-phantastisch schweben wir davon und verabschieden uns nach angenehmen 42 Minuten von der Band.
Tracks:
- Schlafe Los [4:39]
- Wunderschön und Wild [2:58]
- Baroness [4:18]
- Sretan Put [4:12]
- Nur die Besten [4:38]
- Jure Joskan [4:40]
- Collage A Trois [3:37]
- Ein Riese [4:51]
- Tanzt [3:26]
- Schwarze Tauben Steigen [4:54]
Gesamtspielzeit: 42:13
Line-Up:
- Sven Berlin (Gesang)
- Michael Hoge (Gitarre)
- Daniel Mertens (Gitarre)
- Florian Kerber (Bass)
- Tobias Stein (Schlagzeug, Gesang)
Fazit:
Tja, was soll ich dazu sagen? Mir hat die Scheibe gefallen! Ich habe es überstanden, mein Priest-/Maiden-verwöhntes Ohr hat nicht geblutet - Hurra! Tja, ist das alles? Mitnichten! Diese Band zeigt sehr große Fähigkeit auf dem Gebiet der Lyrik und auch sonst klingt die Scheibe sauber und vernünftig produziert. Sie gehört nicht zu den Vertretern des "Hart"-Segments, wo ich nach einer Minute zuhörens gequält abschalte. Ich sage es noch einmal: "Core" ist absolut nicht meine Welt, aber bei dieser Band würde ich definitiv nicht abschalten. Sie liefern gute Arbeit. Und damit...
... gibt es auf jeden Fall 4,5 von 6 Pommesgabeln!