Bewertung 6/6 Pommesgabeln
Genre Symphonic Power Metal
Label Nuclear Blast
Releasedatum 29. Januar 2016
Links

Avantasia - Ghostlights

8. Februar 2016, 00:19 - nuclear-blast, review, symphonic-metal, avantasia, power-metal, tobias-sammet - geposted von Salandas

2013 hat Tobias Sammet - kreativer Kopf und einziges festes Bandmitglied von Avantasia - im Album “The Mystery of Time” die Geschichte um den jungen Wissenschaftler Aaron Blackwell begonnen, der eigentlich auf der Suche nach Zusammenhängen der Zeit auf Liebe, Verzweiflung und Schmerz trifft. In “Ghostlights” geht die Geschichte weiter:

Blackwell trifft auf eine Gruppe anderer Wissenschaftler, die die Welt näher zusammenbringen, und so letztendlich auch kontrollieren wollen, indem sie die Auffassung von Zeit der einzelnen Menschen gezielt beeinflussen und ihr Leben beschleunigen. Die Welt soll so in Erschöpfung gehalten werden, dass die Menschen keine Energie oder freie Zeit mehr haben sich über die wahren Natur ihrer Existenz Gedanken zu machen.

Das Album zeichnet dabei mit jedem Lied eine einzelne Szene, die zwar auch für sich alleine wirken soll, jedoch vor allem auch ein Abschnitt in Blackwells Reise darstellt.


Review:

  1. Mystery of a Blood Red Rose
    Mit dem ersten Track wird sofort klar: Hier spielt Avantasia! Musikalisch erinnert es stark an die Ära der Scarecrow-Trilogie. Sehr gelungen ist nicht nur das Duett zwischen Gitarrensolo (hervorragend gespielt von Sascha Paeth - u.a. Rhapsody, Kamelot, Luca Turilli, uvm.) und Sammet, sondern auch die Einarbeitung der Klavierstimme, die an Hand-hammered Piano Craft à la InLegend erinnert.
    Nebenbei bemerkt ist das der einzige Song auf dem Album, den Sammet alleine singt. Er selbst hat, wie auch schon im vorigen Album, die Rolle des Aaron Blackwell übernommen und eröffnet als dieser den zweiten Teil der Rock-Oper.

  2. Let the Storm Descend on You
    ist mit Abstand mit 12 Minuten der längste Track des Albums und damit selber schon eine kleine Geschichte für sich. Jorn Lande, Ronnie Atkins und Robert Mason gesellen sich hier zu Sammet und singen wie in einem Gespräch in häufigem Wechsel. Das musikalische Thema, das in einem ausführlichem Intro bereits vorgestellt wird, zieht sich durch das ganze Stück, wird aber zwischendurch durch ein ruhigeren, inhaltlich reflektiveren B-Teil und einem virtuosen Solo von Oliver Hartmann abgelöst.

  3. The Haunting
    erzählt, wie Blackwell von einem Albtraum (verkörpert durch Dee Snider) geplagt wird. Musikalisch wird das Thema unterstützt, indem durch das Piano-Intro bereits eine leicht-gruselig unheimliche Stimmung aufgebaut wird, die in den Strophen durch eine schnelle Pizzicato-Variante von Geigen weitergeführt wird. Sammet alias Blackwell hat gesanglich nur einen kurzen Einwurf, der auf diese Weise die bedrückende Präsenz des Albtraums betont.

  4. Seduction of Decay
    Blackwell trifft auf einen weiteren Wissenschaftler (Geoff Tate) und die beiden debattieren, wie der Verfall der Gesellschaft stattzufinden hat. Die Musik setzt hier eher auf weniger ist mehr: In großen Längen ist nur die Lead-Gitarre im Vordergrund, Schlagzeug und Bass halten sich eher unauffällig im Hintergrund und Synths sind kaum zu finden. Die sind aber auch gar nicht nötig, da Tate durch viel Varianz im Gesang genug Abwechslung bietet.

  5. Ghostlights
    Der titelgebende Track vor allem im Vergleich zum vorigen Lied eine ganze Nummer schneller und eher im Uptempo-Sektor anzusiedeln. Die beiden Sänger Sammet und Michael Kiske harmonieren wunderbar miteinander und zeigen, dass sie auch die oberen Lagen gut beherrschen. Auch das Solo ist wieder erwähnenswert: Paeth und Hartmann spielen dieses gleich auch im Duett.

  6. Draconian Love
    Der stimmlich interessanteste Gast singt in Draconian Love zusammen mit Sammet: Herbie Langhans. Sein tiefer, eher ruhige Gesang lässt etwas an Dark Rock erinnern und bildet einen starken Kontrapunkt zum hohen Gesang von Sammet. Der Dark-Rock-Effekt wird durch die Musik noch verstärkt, da während Langhans' Gesangs-Parts die Gitarren ebenfalls gedeckt sind und bei Sammet dann aufhellen. Gut gelungenes Wechselspiel zwischen den verschiedenen Stimmfarben.

  7. Master of the Pendulum
    Nach einem langsameren Intro nimmt der Track mit einem sehr frühen ersten Solo (Sascha Paeth) zügig Fahrt auf und präsentiert einen weiteren Gast: Marco Hietala. Der Musikstil ist stark an Hietala angepasst, erinnert er doch stark an einen Mix von seinen Bands Tarot und Nightwish. Die schnellen, rhythmischen Riffs sind das Bett auf dem sich sein typischer Gesang voll entfalten kann. Abgerundet durch ein weiteres, längeres Solo von Paeth wird Master of the Pendulum damit zu einem der stärksten Stücke des Albums.

  8. Isle of Evermore
    Warum das Intro der einzigen Ballade so etwas an (die frühen Werke von) Within Temptation erinnert wird schnell klar, weil in diesem Titel die einizge Sängerin unter den Gästen keine andere ist als Sharon den Adel. Die Drums sind sehr stark reduziert und auf Gitarren wird komplett verzichtet. Den Adel kann auf dieser Grundlage ihre Stimme voll entfalten. Sammet bleibt stimmlich dagegen etwas schwach, was aber durch die vielen gemeinsamen Gesangspassagen ausgeglichen wird. Durch seine etwas sehr ruhige Art fällt das Stück jedoch etwas aus dem Rahmen der restlichen Tracks.

  9. Babylon Vampires
    Stilistisch erinnert der Track vor allem im Chorus an frühere Werke. Dafür fällt es in erster Linie durch seine hervorragende Gitarrenarbeit auf. Das liegt mit Sicherheit mit an Bruce Kulick (Ex-KISS). Zusammen mit Hartmann und Paeth gibt es in diesem Stück das beeindruckendste mehrteilige Solo des gesamten Albums: über 1,5 Minuten (Reinhörtipp ab ca. 3:30)

  10. Lucifer
    Eine Geschichte in drei Akten: Eingeleitet von Klavier und leichten Orchestrals wirkt das Duett von Jorn Lande und Sammet im ersten Teil sehr intim. Mit einem furiosen Solo von Kulick nimmt der Track dann nicht nur Fahrt auf, sondern auch Pepp. Im letzten Teil setzten Lande und Sammet dann nicht mehr intim sondern mit viel Power den Kontrapunkt und runden den Track damit ab.

  11. Unchain the Light
    Größte Triebfeder sind in diesem Stück die Drums, die die ganze Zeit über kräftig das Tempo anschieben. Die Leadgitarre dominiert zwar in den Strophen durch eine sehr eingängige Melodie, hervorstechen tut dann aber der Refrain: Der Chrous, der als Antwort auf Kiske singt, ist catchy und bleibt gut hängen. Als i-Tüpfelchen dann noch ein schnelles, virtuoses Solo von Paeth und Hartmann; damit ist das Stück auf jeden Fall auch ein Anspieltip.

  12. A Restless Heart and Obsidian Skies
    Vom ersten Ton an klingt der Track bereits nach Finale: Von Orchestrals getragen steigt der letzte Gast Bob Catley mit seinem Gesang in der Strophe langsam ein. Die Intensität steigert sich dann jedoch bis hin zu dem Chorus, in dem Sammet und Catley im Duett den Chorus singen. Nach dem starken Einstieg ist dann jedoch etwas enttäuschend, dass der Chorus dann ohne weitere Besonderheiten einfach nur Avantasia-typisch klingt. Neben dem Einstieg bleibt somit nur das Solo von Kulick als weiteres Highlight des Stückes zu nennen.

  13. Wake Up to the Moon (Limited Edition Bonus)
    erzählt nicht mehr die Geschichte von Blackwell. Da sich das Stück aber musikalisch in das Album einfügt und auch die Gast-Stimmen bekannt sind (Atkins, Lande, Kiske, Catley) fällt dies beim casual hören ohne achten auf die Inhalte nicht weiter auf. Im Gegenteil: Durch den eingängigen Refrain bleibt der Song gut im Ohr hängen und ist dadurch ein besserer Abschluss des Albums als A Restless Heart and Obsidian Skies.


Tracks:

Disk 1:

  1. Mystery Of A Blood Red Rose
  2. Let The Storm Descend Upon You
  3. The Haunting
  4. Seduction Of Decay
  5. Ghostlights
  6. Draconian Love
  7. Master Of The Pendulum
  8. Isle Of Evermore
  9. Babylon Vampyres
  10. Lucifer
  11. Unchain The Light
  12. A Restless Heart And Obsidian Skies
  13. Wake Up To The Moon (Limited Edition Bonus)

Gesamtspielzeit:
70:03 Minuten (Regulär)
74:48 Minuten (Limited Edition)

Disk 2:

  1. Spectres (Live, Wacken 2014)
  2. Invoke The Machine (Live, Wacken 2014)
  3. The Story Ain't Over (Live, Wacken 2014)
  4. Prelude (Live, Wacken 2014)
  5. Reach Out For The Light (Live, Wacken 2014)
  6. Avantasia (Live, Wacken 2014)
  7. What's Left Of Me (Live, Wacken 2014)
  8. Dying For An Angel (Live, Wacken 2014)
  9. Twisted Mind (Live, Wacken 2014)
  10. The Watchmakers' Dream (Live, Masters of Rock 2013)
  11. Another Angel Down (Live, Wacken 2008)

Disk 3: (nur ab Limited Earbook)

Instrumental-Ausgabe von Disk 1


Line-Up:

  • Tobias Sammet (Vocals, additional Bass & Keys)
  • Jorn Lande (Vocals)
  • Ronnie Atkins (Vocals)
  • Robert Mason (Vocals)
  • Dee Snider (Vocals)
  • Geoff Tate (Vocals)
  • Michael Kiske (Vocals)
  • Herbie Langhans (Vocals)
  • Sharon den Adel (Vocals)
  • Marco Hietala (Vocals)
  • Bob Catley (Vocals)
  • Sascha Paeth (Rythm & Lead Guitar, Bass & Keys)
  • Oliver Hartmann (Lead Guitar & Backing Vocals)
  • Bruce Kulick (Lead Guitar)
  • Michael Rodenberg (Keyboards & Orchestration)
  • Felix Bohnke (Drums)
  • Cloudy Yang (Backing Vocals)

Fazit:

Ghostlights macht nicht nur musikalisch einen durchaus soliden Eindruck. Auch die Gäste, die ein wichtiger Teil bei den Alben von Avantasia sind, überzeugen vollauf: Sharon den Adel (Within Temptation), Marco Hietala (Nightwish, Tarot), Sascha Paeth (Rhapsody, Kamelot, uvm.), Geoff Tate (Queensrÿche) und noch viele mehr.

Musikalisch ist Ghostlights sofort als Avantasia-Album wiederzuerkennen. Der Stil ist der gleiche, ohne dass sich die Musik wiederholt. Sowohl innerhalb der einzelnen Stücke als auch über das ganze Album hinweg erzählt auch die Musik eine Geschichte. Für die etwas leichtere Berieselung ohne “ablenkende” Texte, bietet die Instrumental-CD, die dem limitierten Earbook beigefügt ist, eine hervorragende Alternative.

Kurzum: Ghostlights ist eine (wieder) hervorragend gelungene Rock-Oper mit zu vernachlässigenden Schwächen aus der Feder von Mastermind Tobias Sammet, bei der man die Stücke auch einzeln sehr gut hören kann. Und da mir das Album auch nach vielen Stunden Dauerbeschallung nicht langweilig geworden ist, kann ich ganz ohne schlechtes Gewissen sagen: Für Ghostlights ...

... gibt es auf jeden Fall 6 von 6 Pommesgabeln!